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Zusammenfassender Kommentar
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1. Die ausgewählten Staaten

Sieben Staaten spielen bei der Entstehung der Krise eine besondere Rolle (Abb. 3.3). Charakteristisch für sie ist ihre Leistungsbilanz.

Staaten mit besonders großen negativen Leistungssalden von 2000 bis 2007 (Summe aus 8 Jahren) sind:

MRD $

in % negativen

Spanien

-494

9%

Vereinigtes Königreich

-389

7%

Vereinigte Staaten

-4.706

84%

Summe negative

-5.589

100%

Dem stehen vier finanzierende Staaten mit hohen positiven Leistungssalden gegenüber:

Deutschland

781

-14%

Russland

517

-9%

China

1.379

-25%

Japan

1.172

-21%

Summe positive

3.849

-69%

In % der nationalen BIPs von 2000 betragen diese Leistungssalden:

Deutschland

42%

Spanien

-56%

Japan

11%

Vereinigtes Königreich

-31%

Vereinigte Staaten

-46%

Russland

227%

China

68%

 

Charakteristika der drei Staaten mit hohen Außenhandelsdefiziten: während die USA und das Vereinigte Königreich niedrige Investitionsquoten, hohe Konsumquoten und insb. eine hohe private Verschuldung aufweisen, wird Spanien durch eine hohe Investitionsquote charakterisiert.

Bei den Staaten mit hohen Außenhandelsüberschüssen weist Deutschland einen im Vergleich zum Außenbeitrag geringeren Leistungsbilanzüberschuss auf, während Japan und wohl auch China vergleichsweise deutlich über ihren Außenbeitrag hinausgehende Beiträge des Kapitalexports leisten.

Näheres: Die Volkswirtschaften ausgewählter Staaten

 

2. Außensalden der EU 25

Im Handel von Waren und Dienstleistungen summieren sich 2000-2007 folgende Salden (Abb. 2.1 u. Abb. 2.2):

  • Deutschland                                 +768 MRD Euro
  • Niederlande                                 +281 MRD Euro
  • Vereinigtes Königreich                   -394 MRD Euro
  • Spanien                                        -287 MRD Euro

Der Großteil dieser Salden gleicht sich aber im Binnenmarkt aus. Betrachtet man nur den Extrahandel mit Staaten außerhalb der EU 25, dann ergibt sich folgendes Bild:

  • Deutschland                                 +147 MRD Euro
  • Niederlande                                 +311 MRD Euro
  • Vereinigtes Königreich                   -195 MRD Euro
  • Spanien                                        -268 MRD Euro

Für die Niederlande unterscheiden sich darüber hinaus die Bilanzen deutlich:

  • Waren und Dienstleitungen           +281 MRD Euro
  • Leistungsbilanz                             +210 MRD Euro
  • Kapitalbilanz (neg.)                      +162 MRD Euro

Der Saldo der Kapitalbilanz (neg.) der EU25 fällt deutlich geringer aus als der der Waren und Dienstleistungen (Abb. 2.3).

 

3. Außensalden der OECD-Staaten

In MRD US$

Waren

Waren +Dienstl.

Einkom-men

lauf. Übertr.

Leistung

Vermögens-übertragun-gen

Kapital (neg.)

Deutschland

1.259

899

132

-255

776

5

943

Spanien

-532

-331

-145

-18

-494

61

-437

Japan

797

529

713

-68

1.175

-38

1.084

Vereinigtes Königreich

-816

-488

235

-143

-389

22

-387

Vereinigte Staaten

-5.005

-4.438

402

-626

-4.661

-19

-4.767

Russland

689

592

461

China

676

821

974

Vergleicht man die Bilanzen, dann fällt die Bedeutung der Einkommensbilanz (vor allem Kapitalerträge) auf: Während sie in Deutschland und den USA von den entgegen gerichteten laufenden Übertragungen übertroffen werden, führen sie bei Japan zu einem enormen Leistungsbilanzüberschuss.

Daten zu den Kapitalbilanzen Chinas und Russlands sind nicht verfügbar. Im übrigen bieten die Kapitalbilanzen angesichts relativ geringer Vermögensübertragungen ein negatives Abbild der Leistungsbilanzen..

Insgesamt beherrschen die negativen Bilanzen der USA das Bild. Ihre hohen Leistungsdefizite nehmen die Überschüsse Japans, Chinas, Deutschland und Russlands in Anspruch.

 

4. Außensalden Deutschlands

Den größten Anteil an den deutschen Auslandssalden haben europäische Staaten. Am Überschuss der deutschen Kapitalbilanz sind die USA allerdings zu 50% beteiligt – 368 MRD Euro. Davon dürften 170 MRD Euro auf Kredite entfallen (langfristige Kredite und übriger Kapitalverkehr). Der Auslandssaldo inländischer Banken gegenüber den USA wuchs 2000-2007 um 284 MRD Euro.

Deutsche Bilanzen 2000-2007 in MRD Euro

mit

Welt

Europa

%

USA

%

Warenbilanz

1.086

944

87%

195

18%

Leistungsbilanz

609

466

77%

205

34%

Kapitalbilanz

-743

-295

40%

-368

50%

Direktinvestitionen

6

-83

Wertpapiere

9

-112

langfristige Kredite

-370

-72

übriger Kapitalverkehr

-387

-102

Auslandssaldo inl. Banken 2001-07

1.367

1.006

74%

284

21%

Forderungssaldo deutscher Banken gg. ausl. Nichtbanken 2000-07

948

Auffällig ist die Entwicklung der Forderungssalden deutscher Banken gegenüber Nichtbanken: seit 2001 sinken die Forderungen gegenüber Inländern, während sie gegenüber Ausländern bis 2006 in gleichem Maße wachsen. 2007 fand eine verschärfte Verlagerung von Inländern auf Ausländer statt - -200 MRD zu +180 Mrd.

 

5. Auslandssalden der USA

Von 2000-2007 summierten sich die Außenbilanzen der USA wie folgt:

  • Waren und Dienstleistungen                             -4.438 MRD $
  • Einkommen                                                      +404 MRD $
  • laufende Übertragungen                                      -626 MRD $
  • Leistungsbilanz                                                -4.660 MRD $
  • Kapitalbilanz                                                 +4.722 MRD $

Die Zuwächse erfolgten vor allem zwischen 2005 und 2007.

Nur zum Warenhandel sind Daten über die Anteile von Partnerstaaten verfügbar:

  • Deutschland                              5%
  • übriges Europa                          6%
  • Volksrepublik China                27%
  • Japan                                     11%
  • Mexiko                                     8%
  • Kanada                                  22%
  • übrige                                     21%.

Die Finanzierung der negativen Handelssalden der USA wird erheblich dadurch erleichtert, dass viele Staaten ihre Währungsreserven traditionell in US-Schatzwechseln anlegen

 

6. Die internationale Außenwirtschaftsentwicklung im Krisenverlauf

Der Einbruch des internationalen Handels vollzog sich zwischen Juli 2008 und Januar 2009 nahezu linear um 30-40%. Bei Russland betrug der Exporteinbruch über 50%. Seitdem stagnierte die internationale Exportentwicklung bis April, währen die Importe Chinas im Mai 2009 die Hälfte ihres Rückgangs wieder ausgeglichen haben. Auch die Salden der Warenbilanz sind deutlich zurückgegangen: die Defizite Spaniens um 60%, der USA um 40% und des Vereinigten Königreichs um 30%, die Überschüsse Japans um nahezu 100%, Russlands um 70%, Deutschland um 50% und Chinas um 30%.

Die Auslandssalden der deutschen Banken veränderten sich 2008 gegenüber den USA und dem Vereinigten Königreich in signifikanter Weise:

                                                           2000-07               2008

  • USA                                                   +284 MRD €    -129 MRD €
  • Vereinigtes Königreich                          +273 MRD €    -182 MRD €

Wie viel davon Tilgungen waren und wie viel Verlustabschreibungen, ist aus diesen Statistiken nicht erkennbar.

 

7. Schlussfolgerungen

Diese statistischen Beschreibungen sagen nichts aus über Ursachen und Wirkungen. Aber unübersehbar ist:

    Die Ungleichgewichte der internationalen Finanzentwicklung, die sich in den Kapitalbilanzen und den Salden der Banken niederschlagen, sind untrennbar verknüpft mit der ungleichgewichtigen Entwicklung des Welthandels. Außenhandelsüberschüsse sind mit Kapitalexport verbunden, Außenhandelsdefizite mit internationaler Verschuldung.

  • Signifikante Außenhandelsdefizite von 2000 bis 2007 betrugen
    • in Spanien 56% seines BIP von 2000,
    • im Vereinigten Königreich 31% und
    • in den USA 46%.
  • Dem stehen Außenhandelsüberschüsse gegenüber:
    • Deutschland mit 42% seines BIP von 2000,
    • Japan mit 11%,
    • Russland mit mehr als 200% (Energieexporte) und
    • China mit 68%.
  • Wie die Außenhandelsdefizite finanziert worden sind, lässt sich an diesen groben Daten nicht erkennen. Die Daten zur Verschuldung von privaten Haushalten und öffentlicher Hand geben jedoch Hinweise:
    • Im vereinigten Königreich wuchs die Verschuldung der privaten Haushalte von 1999 bis 2007 um 101% des BIP des Jahres 2000 (davon Hypotheken um 77%), die des Staates um 22%,
    • in den USA wuchs die Verschuldung der privaten Haushalte um 77% des BIP des Jahres 2000 (davon Hypotheken um  63%), die des Staates um 47%. Knapp die Hälfte des Kreditsaldos der USA entfiel auf den Staat (Abb. 5.4).
    • Für Spanien stehen keine Daten über die private Verschuldung zur Verfügung. Die öffentliche Verschuldung ist zwischen 2000 und 2007 nicht wesentlich gestiegen. Vielmehr wurden hohen Anlageinvestitionen in beachtlichem Umfang durch Kapitalimporte finanziert (Abb. 1.2.5).
  • Demgegenüber finanzierten die Überschussstaaten ihre Exporte im wesentlichen mit Krediten.

Den Kern der Finanzkrise bildeten jahrelange Exportüberschüsse von China, Japan, Deutschland und Russland und die Exportdefizite der USA, des Vereinigten Königreichs und Spaniens, (Abb.3.3). Die Empfänger der Überschüsse waren nicht in der Lage, sie durch Leistungen zu bezahlen. Die Exporteure finanzierten sie vielmehr durch Kredite, die in den Empfängerstaaten letztlich überwiegend von privaten Haushalten und vom Staat aufgenommen worden sind.

Im Jahre 2008 erwies sich ein Großteil dieser Kredite als „faul“. D.h. ihre Amortisation erwies sich als unsicher. Teilweise wurden sie 2008 und 2009 als Verluste abgeschrieben. Die Verlustabschreibung bedeutete: Die dahinter stehenden Exporte werden als unbezahlte Leistungen abgeschrieben.

 

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